die innenseite von dem irren sein umkleideschränkchen
Dienstag, 2. September 2008
Älter werden
Und doch wurde dieser schöne Ort, diese wunderbare Ansammlung verschiedener, romantischer Ideen und Träume, eine vom Sonnenlicht durchflutete Lichtung, überzogen mit weichem, durchmoosten Gras, drum herum ein paar alte und junge Bäumen, die einträchtig nebeneinander stehen, und ein glitzernder See, grünlich schimmernd und inzwischen schon fast eiskalt, durch das hyperintellektuelle Getue einer betagten Jungmutter, die ihrem Nachwuchs laut aus dem Feuilleton der FAZ vorlas (oder so ähnlich) und dabei immer ganz laut von irgendwelchen Dingen schwärmte, die einer Kinderseele doch völlig fremd erscheinen müssen, gestört und auch verunstaltet und ich, der heimliche Beobachter, der eigentlich auf ganz andere Dinge aus war, musste dabei immer wieder an diesen Freund denken, dessen Mutter auch irgendwie so ähnlich war und der seine Kindheit in Theatergrüppchen und im Klavierunterricht (oder war es Violine?) verbrachte, während wir auf Bäume kletterten und Unsinn machten, irgendetwas war am Ende des Tages immer zerbrochen oder zersplittert oder irgendein alter Opi beschwerte sich über die lärmenden Rotzlümmel, an diesen Freund musste ich also denken, der später die wildesten Abgänge auf vielen kleinen, geheimen Feiern in winzigen, verrauchten Zimmerchen hatte, zu denen er sich immer verstohlen aus der elterlichen Wohnung schleichen musste und er feierte dann immer am wildesten und unnachgiebigsten und ohne jeglichen Kompromiss, so als wolle er die Zeit, die er früher nicht mit uns verbringen konnte, in ein paar Monaten nachholen, als ob ein Exzess den vom Baum aus beobachteten Sonnenuntergang oder zu Bruch gegangene Fensterscheibe wieder gut machen könnte. Daran dachte ich also und fragte mich, warum mich das überhaupt interessierte, warum ich diese Frau mit ihren Kindern mit diesen Augen betrachtete und sie nicht einfach so sein ließ, wie sie war, denn vielleicht war sie ja glücklich und die Kinder auch und irgendwann wurde mir klar, dass sich wohl so etwas wie Prinzipien in meinen Gedanken heraus kristallisieren, Grenzen in der Betrachtung anderer und Dinge, die mir selbst wichtig sind, manifestieren sich nun, so dass ich endlich sagen kann, was ich willl und noch besser: Was ich nicht will.

Später dann, kurz vor dem Beginn der Nacht, schien das alles schon wieder verloren. Mir war vieles plötzlich wieder egal, nur ich selbst war mir nicht egal, aber da waren doch noch ein paar Gedanken, sogar ein paar Menschen, das überraschte mich dann wieder und so fiel ich in süße Träume und im Hinterkopf schwebte immer noch der Gedanke, irgendeiner Erkenntnis irgendwie näher gekommen zu sein und vielleicht demnächst nicht mehr mit leeren Händen da stehen zu müssen.

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Ist es nicht so, dass es immer einfacher ist, zu wissen, was man nicht will? Negation ist so einfach. Das, was Kraft und Mut kostet, ist doch gerade, für etwas einzustehen, ja dazu zu sagen.

Denke ich jedenfalls.

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Zu wissen was man nicht will, schränkt vielleicht weniger ein, als zu wissen, was man will. Vielleicht, vielleicht, vielleicht.

Gerade heute bemerkt: Irgendwann passt man sich dann doch an, findet das Nörgeln anderer über Dinge, die man selbst gestern auch nicht mochte, heute furchtbar anstrengend. Was regt ihr euch eigentlich so auf? Hach, Rebellion versiegt so langsam.

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