die innenseite von dem irren sein umkleideschränkchen
Dienstag, 28. April 2009
Es gibt nichts unbefriedigenderes als die heimliche Verehrung.

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Freitag, 24. April 2009
Ein Lob der Einsamkeit
Tür auf, Tür zu. Die Sonne ist schon längst gegangen, ich aber noch nicht, noch ein paar Unterlagen durchsehen und einpacken, im mich herum Stille. Nicht mal die B. ist noch da, obwohl B. immer lange im Büro herum hängt, vielleicht hat sie keinen Lover, der auf sie wartet, vielleicht hat sie aber auch einen, der ebend nicht auf sie wartet, sondern mit über dem Bauch verschränkten Armen schon längst auf der Couch vor dem Fernseher eingeschlafen ist, Bier, Chips und Pokalhalbfinale. Schnarch. B. ist aber schon gegangen, klackklackklack, den langen Flur herunter und nun ist auch die Sonne weg und ich auch, mit gepackter Tasche.

Vorbei an der Bar "Sowieso". Kurz hinein gelugt, aber die Dings ist nicht da, die Tante hinterm Tresen, die so gerne das Bier verschüttet und auch sonst nicht viel her macht, intellektuell, körperlich natürlich schon. Mit der habe ich schon so manche Nacht verbracht, ohne wirklichen Gewinn, weder intellektuell noch körperlich, sie erzählte viel Unsinn, ließ mich aber nicht ran, bekam dafür trotzdem noch Trinkgeld, nun ja, ist auch egal. Heute ist sie nicht da, also gehe ich weiter, schreite durch den Frühling, zwischen aufblühenden Kastanien und grünen Büschen, die im Dunkel des Abends natürlich nicht mehr grün vor sich her grünen, sondern stumm und farblos Spalier stehen, meine Einsamkeit flankieren. Zigarette an.

Die Wohnung riecht nach Zuhause. Willkommen in der Irrenanstalt, Licht in der Küche an, im Kühlschrank der obligatorische Fraß der Einsamen, irgendwas mit irgendwas drauf, dann ran an den Bildschirm, Rotweinflasche, Discounterware, dazu und was über die Ausbeutung des Kassierpersonals in Billigstdiscountern lesen - moderne Sklavenanstalten - während der rote, staubtrockene Rotwein vom Magen ins Gehirn wandert und den Sinn entstellt. E. hatte nicht geschrieben, dafür den Anrufbeantworter benutzt, seit wann tat sie denn dieses, frage ich mich und überlege kurz, mich bei Stayfriends anzumelden, um die aserbaidschanische Schulfreundin M. wieder zu finden, die gut küssen konnte und auch sonst nicht zu verachten war. Das ist natürlich Blödsinn. Kürzlich sah ich M. die Straße lang stolzieren, stolze Prada-Russinnen imitierend, auch sie hatte Jura studiert und legte nun regelmäßig Mandanten flach. Wahrscheinlich alles Scheidungsangelegenheiten.

Vor dem Bett der kleine Koffer, gepackt und bereit, durch die Wartehallen sämtlicher Flughäfen der Welt gezogen zu werden, dazu das Laptop der Verdammnis, angefüllt mit Excelstaub und sonstigem Unsinn, vielleicht sollte ich die, die vorgibt, so etwas wie Liebe für mich zu empfinden, mal anrufen und so tun, als würde ich nur sie begehren, vielleicht doch lieber die E. anrufen und sie anschmachten oder mich vielleicht bei Stayfriends anmelden, um die M. zu finden oder auch andere, das Lob der Einsamkeit ist das Lob des großen Vielleicht, das Lob der leeren Betten, das Lob des unentschlossenen Herzens, das Lob des Abers, alles in allem: Blauer Dunst.

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Montag, 20. April 2009
Hallo E.,
letztens beim Vögeln an dich gedacht. Meld dich mal wieder.

Dein I.

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Dienstag, 31. März 2009
Misanthropie
Möge den Kapitalismus niemand aufhalten, denke ich immer, wenn ich mir den Typen aus dem Büro gegenüber anschaue. Es ist ja schon schlimm genug, dieses Büro hier überhaupt betreten zu müssen, diese Stinkhöhle mit Klimananlage, dieses miese Kabüffchen für minderbemittelte Durchschnittsmenschen mit 9to5-Ambitionen ohne große Gewinnerwartung, diese materialisierte Excel-Hölle im Design der frühen Nuller-Jahre, ein inzwischen vergangener Glanz, der Lack ist ab, alles Lüge, so wie die gesamte Stadt da draußen, deren Name mir jetzt gerade nicht einfällt. Zum Glück bin ich selten hier, hin und wieder mal, am Tisch sitzen und mit der Müdigkeit kämpfen, viel zu viel Kaffee trinken und zwischendurch ein wenig Sport treiben: Treppe runter, Zigarette durchziehen, Treppe rauf.

Der Typ aus dem Büro gegenüber ist ein Arschloch. Ein schmieriges, milchgesichtiges Arschloch ohne eigene Ideen, ohne Mumm in den Knochen, mit aufgeweichten, glibbrigen, kalten Händen, die er einem aufdringlich entgegenstreckt, wenn man ihm aus Versehen zu nahe kommt. Für sein Äußeres kann er ja nicht viel, die Kleidung sucht ihm vielleicht Mutti aus oder irgendeine Tante, im Trend der späten Siebziger, aber dieser Mundgeruch, überhaupt die gesamte ihn umgebende Geruchsaura, die sein Büro verpestet und auch sein gesamtes Umfeld, durch das er sich zwangsläufig bewegt, abgestandenes Wasser, Altersheim, billiges Deo, ekelhaft. Er ist also ein weiches Arschloch und trotzdem wollte er die Tochter vom Chef vögeln, die aus verständlichen Gründen einen riesigen Bogen um ihn machte, ein Bogen, der direkt über den großen Teich ging, an eine dieser Elite-Unis, für die Papi bezahlt und an denen sie sich von gebräunten Beachboys die Seele aus dem Leib vögeln lässt, dabei an den Milchbubi-Typen denkt, der sich in seinem stillen Kämmerlein einen runterholt und dabei wiederum an sie denkt, wie sie es gerade einem dieser Beach Boys besorgt und über ihn lacht. Später wird sie dann im Businessdress durch die Gänge der Firma schreiten, ihr Juragebrabbel zum Besten geben und allen in den Arsch treten, ihm, dem Arschloch-Typen am meisten.

Deswegen hofft er jetzt, dass der Kapitalismus endlich ein Ende hat, dass hier keine Kohle mehr fließt und wir den Laden dicht machen, um irgendwo in der Pampa Kartoffeln anzubauen und gegen die hungrigen Penner aus der Stadt zu verteidigen. Er dagegen wird Funktionär, ein Arschloch in Mao-Uniform, der minderjährige Mädchen zu sich bestellt und sich wie ein Sklavenhalter benimmt, einer, der vom sozialen Wohlstand für alle spricht und dabei vor allem an seinen eigenen denkt, so wie der kapitalistische Chef, der kapitalistische Mitarbeiter, der kapitalistische Hartz-IV-Empfänger, der so wenig vom Staat bekommt, dass er sich verkaufen MUSS, um irgendwie über die Runden zu kommen. Statt den Leuten das Versprochene zu geben, soziale Absicherung, wird er ihnen Vorschriften machen, wird ihnen sagen, was sie zu tun, was sie zu lassen haben, überall gäbe es Verbote und Verordnungen, mehr als jeder kapitalistische Durchschnittsmensch sich jemals hätte erträumen lassen, die, die etwas besitzen, werden enteignet, zugunsten derjenigen, die früher nichts hatte und alles anstreben und er wird gierig sein, wird seine Macht auskosten, wird sich Haus und Hof und die Tochter vom Chef krallen, um sie endlich durchzuvögeln, im Politbüro, im Staatsratsgebäude, in der Volkskammer.

Der Mensch wird sich nicht ändern, er wird nicht teilen, er wird habgierig auf seiner Beute sitzen und sie bis aufs Blut verteidigen und wenn er sie nicht verteidigen muss, wird er sie vermehren, um sie dann wiederum verteidigen zu müssen, my home is my castle und was geht mich der beschissene Nachbar an? So sind die Menschen und werden es auch immer bleiben, der einzige Trost ist am Ende nur ein guter Fuck und die Zigarette danach.

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Montag, 30. März 2009
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